Volloptischer Speicher für dauerhafte Datenspeicherung mittels Licht

In der Speichertechnik haben sich im vergangenen Jahrzehnt enorme Verbesserungen hinsichtlich Speicherdichte und Processingzeiten ergeben. Aber es bleibt ein spannendes Gebiet, auf dem immer noch erstaunliche zukünftige Entwicklungen zu verzeichnen sind.

Einer der Schwachpunkte bei den Speicherbausteinen ist, dass der elektronische Austausch von Daten zwischen den Prozessoren und dem Speicher die Geschwindigkeit moderner Rechner begrenzt. Diesen Engpass bezeichnen Experten als Von-Neumann-Flaschenhals. Um ihn zu überwinden, genügt es nicht, Speicher und Prozessor optisch zu verbinden, da die optischen Signale wieder in elektrische konvertiert werden müssen. Wissenschaftler suchen daher nach Wegen, sowohl Rechnungen als auch die Datenspeicherung selbst rein optisch durchzuführen.

Nun haben Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sowie der Universitäten Münster, Oxford und Exeter den ersten dauerhaften volloptischen Speicher, der sich auf einem Chip integrieren lässt, entwickelt. Damit ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zum optischen Computer gelungen. Optische Bits lassen sich mit Frequenzen bis zu einem Gigahertz schreiben. Damit erlaubt der von den Forschern entwickelte vollphotonischer Speicher eine extrem schnelle Datensicherung. Darüber hinaus ist er sowohl mit der üblichen optischen Datenübertragung über Glasfaser als auch mit modernsten Prozessoren kompatibel.

Es gibt zwei weitere wesentliche Eigenschaften des neuen Speicherchips: Er  kann Daten auch ohne Stromzufuhr jahrzehntelang bewahren. Besonders attraktiv ist überdies seine Fähigkeit, mehrere Bits in einer einzigen, nur einige Milliardstel Meter großen Zelle zu halten (Multi-Level Memory – Mehrebenenspeicher). Anstelle der üblichen Informationswerte 0 und 1 lassen sich mehrere Zustände in einem Element sichern oder sogar eigenständige Berechnungen ausführen. In der von den Forschern veröffentlichten Arbeit (siehe unten) beschreiben sie die Speicherung von insgesamt acht Zwischenzuständen. Möglich machen es sogenannte Phasenübergangsmaterialien – neuartige Materialien, die ihre optischen Eigenschaften abhängig von der Anordnung der Atome ändern: Sie können in kürzester Zeit zwischen dem kristallinen (regelmäßigen) und dem amorphen (unregelmäßigen) Zustand wechseln, wie es die Graphik andeuten soll. Für ihren Speicher verwendeten die Wissenschaftler das Phasenübergangsmaterial Ge2Sb2Te5 (GST). Mit ultrakurzen Lichtpulsen lässt sich der Wechsel von kristallin zu amorph (Daten speichern) bzw. von amorph zu kristallin (Daten löschen) auslösen. Lesen lassen sich die Daten mit schwachen Lichtpulsen.


 
Dauerhafte volloptische Speicher auf Chips könnten die Leistung von Computern künftig erheblich steigern und deren Energieverbrauch senken. Zusammen mit volloptischen Verbindungen könnten sie Latenzen reduzieren und die energieintensive Umwandlung optischer Signale in elektronische – und umgekehrt – überflüssig machen. Auch die Tatsache, dass die Speicherung ohne Stromzufuhr über Jahrzehnte bestehen bleibt dürfte derartige Chips zum Beispiel für eine zukünftige Speicherung von Filmarchiven interessant werden lassen.

Ob und wann der beschriebene Chip industriell gefertigt zum Einsatz gelangen wird ist natürlich, wie bei allen Forschungsarbeiten, die Neuland betreten, nicht vorhersagbar.

Veröffentlichung:
Carlos Ríos, Matthias Stegmaier, Peiman Hosseini, Di Wang, Torsten Scherer, C. David Wright, Harish Bhaskaran, Wolfram H.P. Pernice: On-chip integratable all-photonic nonvolatile multi-level memory. Nature Photonics. DOI: 10.1038/nphoton.2015.182
Abstract unter http://www.nature.com/nphoton/journal/vaop/ncurrent/full/nphoton.2015.182.html
 
(nach einer Presseinformation des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)
Graphik: C. Ríos/Universität Oxford